Während die Zahl der Klaviertrios mit Violine und Violoncello aus den vergangenen 250 Jahren in die Hunderte geht, hat sich eine vergleichbar populäre Besetzung für zwei Bläser und Klavier niemals etabliert. Erst um die Wende zum 20. Jahrhundert experimentierten einige Komponisten mit Trio-Kombinationen für Bläser und Klavier. Offenbar war Francis Poulenc 1926 der erste Komponist von Rang, der sich die Verbindung Oboe, Fagott und Klavier zur Aufgabe gestellt hat. Trotz der Schönheit und des Erfolgs seiner Komposition entstanden in den anschließenden Jahrzehnten nur eine Handvoll Werke gleicher Besetzung. Erst in den 1990er Jahren schrieben Jean Françaix und André Previn wieder Kompositionen von vergleichbarem Rang.

Diese drei Meisterwerke finden sich auf der vorliegenden CD des Ensemble Blumina vereint. Das längste (22 Minuten) und zugleich jüngste (1996) Werk, das Trio von André Previn, eröffnet die CD. Während die Ecksätze von dissonanzenfreudiger Spiellaune und jazz-inspirierter Rhythmik leben, bietet der neunminütige Mittelsatz eine tiefsinnige Elegie mit weit ausladenden, polyfon verschachtelten Kantilenen der Bläser. Zahlreiche Zitate oder Zitatandeutungen bis hin zu Sinfonik von Mahler und Rachmaninow fordern die stete Wachsamkeit des Hörers heraus. Der 1929 in Berlin geborene Previn ist hierzulande hauptsächlich als Filmkomponist, Dirigent und Pianist bekannt. Es ist offenbar an der Zeit, sein umfangreiches, häufig bläser-orientiertes Kammermusikschaffen intensiver zu würdigen.

Auch Jean Françaix (1912-1997) hat sich zeitlebens vielen Bläser- und Bläser-Klavier-Formationen gewidmet. Sein hier vorgestelltes, dem britischen Fagottvirtuosen William Waterhouse (1931-2007) gewidmetes Trio in vier Sätzen, 1994 entstanden, zeigt den 82-jährigen Komponisten unverändert auf der Höhe seiner Schaffenskraft: Melodische Erfindungsgabe, rhythmischer Witz, harmonische Elastizität und ein zwar polyfon gewirkter, aber niemals überfrachteter, eleganter Instrumentalsatz gehen eine besonders glückliche Verbindung ein. Das dreisätzige Trio des 27-jährigen Groupe-des-Six-Meisters Poulenc büßt auch in dieser Umgebung nichts von seiner klassizistischen Authentizität ein. Im langsamen Satz berührt die liedhafte Schlichtheit, die Ecksätze atmen eine quasi zeitlose Allegro-Frische irgendwo zwischen Haydn und Strawinsky – Qualitäten, die Poulenc noch um 1960 in seinen späten Bläsersonaten nahe am Selbstzitat kultivieren wird.

Die drei Interpreten werden den stilistisch nur teilweise verwandten Aufgaben gut gerecht. Der Oboist Kalev Kuljus und der Fagottist Mathias Baier spielen klangschön, ohne tonliche Schärfen und mit bewusst differenziertem Vibrato, in Intonation und artikulatorischer Übereinstimmung tadellos. Die Pianistin Elisaveta Blumina schafft sowohl in rhythmisch und dynamisch erregten Partien (Previn) wie in klanglich betonten Ruhephasen (Poulenc) ein ideales Umfeld für die Bläser. Der Aufnahmetechnik gelingt eine hervorragende Balance zwischen plastischem und homogenem Klangbild.

Rainer Klaas ("Das Orchester" 7-8 1914)

Andre Previn:

Trio for oboe, bassoon and piano

Jean Francaix:

Trio pour hautbois, basson et piano

Francis Poulenc:

Trio pour hautbois, basson et piano

2013, Musikproduktion Dabringhaus & Grimm
MDG 903 1827-6
SACD 2+2+2 Recording

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